Töperfwespen-Nester auf historischem Weilmünsterer Grenzstein
Bauwerke aus Ton von Bienen und Wespen
in Weilmünster (Taunus) und Umgebung
von
Dipl. Biol. Peter Ulrich Zanger
Ebenso
wie sich Tiere und Pflanzen am Menschen und seinen Bauwerken orientieren und
sich diesen anpassen, beobachten Menschen ihre natürliche Umgebung, lernen von
ihr und nutzen Fähigkeiten, Techniken, Material und Formgebungen der Natur und
ihrer Lebewesen für menschengeschaffene Bauten, Gebrauchsgegenstände, Kleidung,
Dekorationsobjekte, Fortbewegungsmittel, Kommunikation und Verhaltensweisen.
Neben der Materialkunde und den wissenschaftlichen Studien zur Fortbewegung und
Körperdynamik von Vögeln und Fischen bieten den menschliche Konstrukteuren
insbesondere die unermeßlich reichhaltigen Formgebungen der Insektenwelt ein
unerschöpfliches Anschauungsmaterial für das Design neuer Objekte, von
Flugzeug-, Schiffs- und Automobilumrissen über die Sonnenbrillen- und
Überwachungskamera-Formgebung bis hin zum Pilotenhelmdesign.
Größtes
Interesse kommt unter den Tierbauwerken seit jeher den Nestbau-Konstruktionen
der solitär und sozial lebenden Fluginsekten aus der Ordnung der Hautflügler
(Hymenoptera / Bienen, Wespen, Ameisen) zu, denn hier findet man sowohl eine
erstaunliche Diversität der Bauformen als auch eine zur absoluten Perfektion
hin strebende Materialverwendung durch die auf Grund ihrer winzigen Körpergröße
und ihres Körperbaues auf den ersten Blick unbeholfen wirkenden Insektenarten.
Möglicherweise war es im Verlauf der menschlichen Evolution denn auch die
Beobachtung des Nestbaues bestimmter Bienen- und Wespenarten sowie die
Entdeckung des Sammelns, Eintragens, Anfeuchtens, Knetens und Verarbeitens
irdener Materialien wie Sand, Lehm und Ton durch diese Insekten sowie die Form
und Haltbarkeit der daraus konstruierten Nestbauwerke, die die frühen,
indigenen Kulturen zum selbständigen Herstellen von Tonobjekten zur
Lebensmittel- und Wasseraufbewahrung veranlasste und so den Grundstein für die
Weiterentwicklung des jahrtausendealten Keramikhandwerkes legten.
Töpfer-Wespe an Tonnesteingang (Cucuta / Kolumbien) Ton-Wasserkrüge (Berlin / Kolumbien)
Im
Rahmen dieser Internet-Publikation des CID-Verlages soll am Beispiel der irdene
Baumaterialien verwendenen Insektenarten in Weilmünster (Hessen, Ldkrs.
Limburg-Weilburg / Taunus) und Umgebung eine Übersicht über die in Deutschland
vorkommenden „Ton-Insekten“ und ihre Bauwerke entstehen, wobei die Ergebnisse
der dazu im Sommer 2008 von CID-Forschung begonnenen, naturwissenschaftlichen
Studien in dynamisch fortschreitender Weise in den von dieser Homepage aus
zugänglichen Blogs präsentiert werden sollen. „Die Toninsekten Weilmünsters“
stellt dabei eine komplementäre Publikation der im Jahre 2002 begonnenen und in
der Schriftenreihe Naturwissenschaften ab 2004 präsentierten Übersicht über
„Die tonbauenden Insektenarten Kolumbiens“ dar. Dazu wurde im Juli 2008 mit
„Die Geschichte der Wespe Eumenes wagnerianus“ die erste
Internetpublikation des CID-Verlages zum Thema Entomologie veröffentlicht,
gefolgt im Mai 2010 von der Studie „Beobachtungen zur Beute-Lähmung bei Ton-Nest-bauenden Wespen der Familie Eumenidae“.
Eine
anschauliche Darstellung tierischer Konstruktionskunst bietet das 1960
erschienene Buch BAUWERKE DER TIERE von Günter Olberg. Bereits über ein halbes
Jahrhundert zuvor haben die aufsehenerregenden Beschreibungen der Bauwerke und
des Verhaltens tonbauender Hymenopteren in den zwischen 1879 und 1907 von J.H.
Fabre zusammengestellten SOUVENIRS ENTOMOLOGIQUES, die 1914 als BILDER AUS DER
INSEKTENWELT im Stuttgarter Kosmos-Verlag in deutscher Sprache verlegt wurden,
großes Interesse an den grabenden, mauernden und töpfernden Insekten geweckt.
Bis heute sind unzählige weitere Einzelbeschreibungen und Sammelwerke über die
auch „Potter-Insects“ oder „Alfareras“ genannten Sand-Bienen, Grab-Wespen,
Mörtel- und Mauerbienen, Töpfer- oder Lehm-Wespen vorbereitet, geschrieben oder
publiziert worden, deren Konstruktionen von einfachen Lehmdeckelchen an
Nesteingängen über Brutkammerwandungen, Turmbauten und kunstvoll geformte
Topfnester bis hin zu den hochkomplexen, mehrstöckigen Wabennestanlagen mit
überraschend exakt geformten Hexagon-Brutkammern aus Ton reichen, die nach
bisherigem Wissen allerdings nur von tropischen staatenbildenden Wespen gebaut
werden. Die hier begonnene Internet-Artikelserie des CID Verlages soll
insbesondere durch die Schwerpunktsetzung auf fotografische Illustrationen
zur Vervollständigung des Wissens über die tierischen Baumeister beitragen.
Nestbauwerk
aus Ton mit hauchdünner Nestwandung und exakt geformten, feinststrukturierten
Hexagon-Waben einer kolumbianischen Wespenart aus der Familie der Eumenidae.